Mercedes steht in der Küche. Sie rührt Tomatenpüree. «En este país comes y no tienes ropa, o no comes y tienes ropa.» «In diesem Land isst du und hast keine Kleider oder du isst nicht und hast dafür Kleider.» Sie hat sich fürs Essen entschieden. Die Kleider sehen aus wie Lumpen.
Ihr Mann ist extrem übergewichtig. Er hat einen Herzfehler und alle darauffolgenden Probleme, welche Fett auslösen kann. Aufstehen geht eigentlich fast nicht mehr. Also sitzt er auf einem Stuhl am Fenster. Die Wasser-Flasche in der Nähe. «Heirate nie», rät mir seine Frau. Später korrigiert sie «heirate nicht jung». Erstes Kind mit 17, zweites mit 23 Jahren. So hat sie ihre Jugend verbracht. «Baby an der Brust und ein Mann, der dir sagt, was du anzuziehen hast.» Sie gibt alles für ihre Familie. Kümmert sich um Kind und Mann. «Jahre vergehen und irgendwann bleibst du zurück mit einem Mann, der nicht mal mehr gehen kann und einem Sohn, der mental stark zurückgeblieben ist und weder lesen, noch schreiben kann.» Dabei hätte sie so gerne eine Tochter gehabt. Diese musste sie abtreiben. Ihre Worte sprudeln nur so aus ihr heraus. Ich stehe in der Küche, höre zu. Es schüttelt mich, als ich erfahre, wie sie den 7 Monate alten Fötus gebar, welcher die Abtreibung überlebt hatte. Wie sie das Mädchen sah, fertig gebaut, aber klein. Wie der Arzt dem Kind die Luft abstellt, da es sowie nicht lange überleben würde. Weil es so besser sei, für das Kind und die Familie, wie er es begründet. Trotzdem, Mercedes erzählt diese Geschichte einer quasi Fremden, weil sie sie loswerden muss. Weil sie immer noch jeden Tag daran denkt. Weil sie immer noch auf eine Antwort wartet. Vom Staat, welcher das Baby für die Wissenschaft mitnahm und nie Resultate sendete.
Ihr Sohn, welcher in der Schule speziell betreut wird, kommt dazwischen. Er probiert den neuen Lichtschalter, welcher eine Glühbirne in der Küche anzündet. Ein neues Licht zwischen den Kartonwänden. Wir essen zusammen Mittagessen. Draussen auf dem Feuer wurde Fisch gebraten. Im wenigen Schatten drängen wir uns aneinander. Die Hunde essen die Resten. Danach geht’s zurück zum anderen Haus welches renoviert wurde. Die Familie winkt uns lange nach.
Nina Graf
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