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AutorenbildSabine

Kompost und Kaninchen




Eine der Jugendliche empfing uns am Vormittag und zeigte uns ihr Zuhause: Im Vorderzimmer zur Strasse hin repariert ihr Grossvater Feuerzeuge. Die auffüllbaren füllt er mit Gas – und die nicht auffüllbaren ebenfalls. Auf der Unterseite wird die kleine Schraube entfernt und anschliessend mit einem Kaktusstachel wieder verschlossen. Mit Erfindergeist bekommt er jedes Feierzeug wieder zum Zünden, die Menschen stehen vor dem Haus Schlange. Unglaublich mit was für Adleraugen und Fingerspitzengefühl er das macht.

Das Haus ist aus dem Jahr 1880 und hat noch einige Holzwände und ein Holzdach aus dieser Zeit. Das alte Pinienholz ist sogar härter und besser als die Wände, die vor 10 Jahren erst renoviert worden waren. Eine Linie der Familien stammt von den Spaniern ab, ihr Haus gehörte zu früheren Zeiten einem Zuckerrohfabrikanten, der zu Beginn des letzten Jahrhunderts seine Zuckermühlen lieber im Meer versengte, als sie einem Industriellen und Grossgrundbesitzer zu überlassen, der billiger Zucker produzieren konnte.

Das Haus birgt noch andere Geheimnisse: zum Beispiel ein wunderschönes Schlafzimmer mit einer kompletten Einrichtung aus dem 15. Jahrhundert der Kolonialzeit. Die Grossmutter hatte als 13jähriges Dienstmädchen in Habana erhalten, als ihre Herrschaften nach der Revolution das Land verliessen und das Haus verstaatlicht wurde. Wir stehen staunend vor den Schnitzereien und dem angelaufenen Spiegel. Dieser Raum unverkäuflich und Teil ihrer Geschichte, und das spürt man.

Heute lebt hier eine Grossfamilie mit drei Schwestern, den Grosseltern und den Kindern. Und einem Kaninchen.

Nun aber an die Arbeit. Auf engem Pfad geht es an einem Schuppen, einer alten Schaukel und an einem Hasenstall vorbei in den Garten. Unsere Aufgabe heute Vormittag: alle Steine, Bauschutt und Abfall entsorgen und einen Kompost anlegen, damit zwischen Kaffeebäumen und Bananenstauden wieder Gemüse angepflanzt werden kann.

Wir schuften und schwitzend drei Stunden lang und karren den Bauschutt zwischen Kaninchenstall und Schopf auf die Strasse, wo schon die vierbehufte Müllabfuhr wartet.

Der Grossvater schliesst seine Feuerzeug-Werkstatt und packt ebenfalls mit an. Alle Hände werden gebraucht, denn der Boden ist sehr hart und steinig.

Ob ein Kompost Humus liefern kann?  Wir versuchen uns an die Weiterbildung aus dem vergangenen Jahr zu erinnern: ein Drittel Holz und Kokosnüsse, ein Drittel Blätter und Äste und ein Drittel Küchenabfall? Versuchen wir es. Die Eigeninitiative und die Entschlossenheit der Familie ist jedenfalls ansteckend.

Ansteckend ist auch das Stromkabel. Plötzlich schmilzt eine Umhüllung, tropft und steckt die Wäsche in Brand. Gott sei Dank kann das brennende Tuch sofort gelöscht werden und das wunderbare Holzhaus ist gerettet.

Im aufziehenden Regen unter schwarzen Wolken ziehen wir heimwärts. Am Nachmittag regnet es. Eine kleine Gruppe mit Hansjürg, Lukas und Hansjürg macht Fotos zu Hause bei einem Jugendlichen für die geplante Ausstellung in Solothurn. Er ist Fotograf und hat in seinem Haus mit Atelier schöne Fotos aufgehängt. Eine Zeit lang nutzte er sein Haus als Pizzarestaurant und weihte uns ein in die Bedingungen, unter denen man in Kuba ein eigenes Geschäft eröffnen kann. Der erste Versuch ging finanziell nicht auf; nun sucht er nach einer anderen Option. Schön wäre es, das Restaurant liegt ideal zur Hauptstrasse hin. Mani – Erdnussbarren – als Dessert könnten auf der Karte stehen. Im Garten wartet jedenfalls eine selbsterfundene Erdnuss-Röst-Maschine. Antrieb: Schaltkränze eines Velos.

Die andere Gruppe mit Nina, Nikita, Madlen, Jana und Lucie beginnt mit einer zweiten Runde Velo-Werkstatt. Oh Chaos! Sucht man einen 26er Reifen steht man vor einem Riesen-Turm aus Reifen, Schläuchen, Satteln und Speichen, der einem schon entgegenkommt, wenn man die Schranktüre nur öffnen will. Morgen müssen wir das viele Material irgendwie besser sortieren und verteilen.

Der Tag war anstrengend. Vorher aber feiern wir noch Geburtstag eines Jugendlichen; das lassen wir uns trotz Müdigkeit nicht nehmen.


13.2.24  Alexandra

 



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